Regionalflugzeug für umweltfreundlichere Luftfahrt

Der Flugzeugbauer Deutsche Aircraft will sich mit einem neuen Regionalflugzeug auf dem Markt positionieren. (Foto: Deutsche Aircraft)

Der Flugzeugbauer Deutsche Aircraft will am Flughafen Leipzig/Halle künftig Regionalflugzeuge bauen. Schon in wenigen Jahren sollen die ersten Flugzeuge vom Band rollen. Die Maschinen sollen der Branche helfen, den ökologischen Wandel zu beschleunigen – und setzen dabei auf ein historisches Erbe.

Der Name Dornier stand einst vor allem für Flugboote, die hinsichtlich Leistung und Größe ihresgleichen suchten. Später produzierte der Flugzeugbauer vor allem kleine Regionalflugzeuge. Die Dornier 328 war die letzte erfolgreiche Entwicklung der Flugzeugwerke und das bislang letzte Verkehrsflugzeug, das vollständig in Deutschland entwickelt und gebaut wurde, ehe Dornier in die Insolvenz ging.

Weiterentwicklung eines Jahrzehnte alten Konzepts

Zwanzig Jahre nach dem Ende der historischen Dornier-Werke soll die Tradition der Marke nun am Flughafen Leipzig/Halle wiederbelebt werden. Der Flugzeugbauer Deutsche Aircraft hat dort am Dienstag den symbolischen ersten Spatenstich für seine Endmontagelinie gesetzt. In dem neuen Werk nördlich der Autobahn 14 sollen ab Ende 2026 die ersten neuen Flugzeuge vom Typ D328eco vom Band rollen.

Die D328eco ist als Regionalflugzeug konzipiert und soll vor allem auf kurzen Flugstrecken zum Einsatz kommen. Das Flugzeug soll deshalb nur eine Reichweite von bis zu 2.000 Kilometern haben und im Reiseflug etwa 600 km/h schnell sein. Auf kürzeren Flugstrecken sind Turboprop-Triebwerke bereits heute deutlich sparsamer als vergleichbare Jet-Triebwerke. Je größer die Flugstrecke ist, desto stärker wird der Effizienznachteil des Jets allerdings durch seinen Geschwindigkeitsvorteil wieder ausgeglichen. Bei der D328eco handelt es sich um eine direkte Weiterentwicklung der schon vor mehr als 30 Jahren entworfenen Dornier 328.

Moderne Avionik von Garmin ist für das Cockpit der D328eco vorgesehen. (Foto: Deutsche Aircraft)

Am Flughafen Leipzig/Halle sollen die Flugzeuge von Deutsche Aircraft getestet, zugelassen und auch zusammengebaut werden. Die dafür notwendigen Einzelteile kommen von verschiedenen Zulieferern. Das Triebwerk beispielsweise wird von Pratt & Whitney aus Kanada kommen. Fahrwerk und Flügel liefert ein Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen. Die Bodenplatten in der Kabine erhält das Flugzeugwerk hingegen aus Dresden von den Elbe Flugzeugwerken. Im Cockpit setzt Deutsche Aircraft auf Technik aus den USA. Mit Instrumenten von Garmin soll die D328eco auch nur von einem Piloten geflogen werden können – sofern das von den Luftfahrtbehörden auch zugelassen wird.

Trotz der drei Jahrzehnte alten Grundkonzeption glaubt Deutsche Aircraft aber daran, mit ihrem Flugzeug den Wandel der Luftfahrt hin zu einer emissionsfreien Branche beschleunigen zu können. Schließlich habe man das Kurzstreckenflugzeug gegenüber seinem Vorgängermodell erheblich modernisiert, erklärt das Unternehmen. Demnach hat der Flieger aufgrund speziell entwickelter Propeller und Motoren einen vergleichsweise niedrigen Kerosinverbrauch.

Mit Kerosinersatz in Richtung Nachhaltigkeit

Nico Neumann (Foto: Deutsche Aircraft)

Das Triebwerk soll zudem geeignet sein, mit synthetischem Treibstoff, dem sogenannten Sustainable Aviation Fuel (SAF) betrieben zu werden. Wenn dieser in hoher Konzentration zum Einsatz kommt, könnte der CO2-Ausstoß des Flugzeuges auf einen Bruchteil, als es bei herkömmlichen Kerosin der Fall ist, reduziert werden, erklärte Deutsche Aircraft-Geschäftsführer Nico Neumann und wirbt deshalb auch für SAF als Treibstoff der Zukunft: „Deshalb geht jetzt und heute und in den nächsten Jahren nichts an SAF vorbei, davon sind wir überzeugt.“

Für die Luftfahrt sind solche Projekte zukunftsweisend. Denn in der allgegenwärtigen Klimadiskussion ist nicht nur das Umweltweltbewusstsein der Fluggäste in den vergangenen Jahren gewachsen – auch Fluggesellschaften haben zunehmend ein Interesse daran, die Klimafolgen ihres Geschäftsmodells zu reduzieren. Immerhin ist die Branche je nach Berechnung für rund zwei bis fünf Prozent des weltweit vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Wir brauchen eine Klimawirkung heute und nicht erst in 20 Jahren.

Nico Neumann (Deutsche Aircraft)

„Klimakiller“ Kondensstreifen

Oft unterschätzt werden nach Einschätzung von Wissenschaftlern aber vor allem die Kondensstreifen. Sie können beim Fliegen in großen Höhen entstehen und verhindern das Abstrahlen von Licht und Wärme von der Erde ins Weltall. Sie halten praktisch die Wärme wie eine Glocke in der Atmosphäre und verstärken somit die Klimawirkung des Luftverkehrs.

Dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zufolge verursachen die weißen Streifen am blauen Himmel sogar den größten Anteil zur Klimaerwärmung durch die Luftfahrt – noch vor dem CO2. Versuche des DLR zeigen aber auch, dass mit dem Einsatz von SAF die Eiskristallanzahl in Kondensstreifen reduziert werden kann. Auf bestimmten Flughöhen konnte dem DLR zufolge die Bildung von Kondensstreifen und damit auch deren Klimawirkung sogar ganz verhindert werden.

In der Nische zum Erfolg

Für die meisten Kondensstreifen sind derzeit aber vor allem Flugzeuge von Airbus und Boeing verantwortlich – denn sie machen einen Großteil der globalen Luftfahrtflotte aus, die wiederum vor allem von großen Flugzeugen mit mehr als 100 Sitzplätzen dominiert wird. Branchenbeobachter gehen aber davon aus, dass sich sowohl SAF als auch andere Technologien aber zuerst in der Regionalluftfahrt durchsetzen werden. Denn in den kleineren Maschinen kann die Alltagstauglichkeit neuer Antriebe mit einem wirtschaftlich geringeren Risiko getestet werden.

Die D328eco stößt mit ihren 40 Sitzplätzen außerdem in einen potentiellen Markt, in dem sie bislang ohne nennenswerte Konkurrenz fliegen würde. Zwar wird der Markt der Turboprop-Flugzeuge bislang vor allem von ATR dominiert, einem Gemeinschaftsunternehmen von Airbus und dem italienischen Luftfahrtkonzern Leonardo. Doch deren Flugzeuge sind zum Teil deutlich größer als die geplante D328eco von Deutsche Aircraft.

Die meisten verfügbaren Regionalflugzeuge – so wie diese ATR 72 – sind größer als die D328eco. Deutsche Aircraft will diese Nische für kleinere Regionalflugzeuge mit ihrer D328eco bedienen. (Foto: ATR / Chunlaud Mélody)

Ein erster Kunde ist nach den Worten von Nico Neumann, Geschäftsführer von Deutsche Aircraft, auch schon gefunden worden. Die Bedarfsfluggesellschaft PrivateWings habe eine Absichtserklärung über fünf Exemplare unterschrieben. Das Unternehmen aus Berlin betreibt bereits seit Jahren elf Maschinen des Vorgängermodells Dornier 328.

Erstkunde aus Deutschland

Ein erster Kunde ist nach den Worten von Nico Neumann, Geschäftsführer von Deutsche Aircraft, auch schon gefunden worden. Die Bedarfsfluggesellschaft PrivateWings habe eine Absichtserklärung über fünf Exemplare unterschrieben. Das Unternehmen aus Berlin betreibt bereits seit Jahren elf Maschinen des Vorgängermodells Dornier 328.

Aber der Flugzeughersteller rechnet in den kommenden Jahren Neumann zufolge noch mit einer größeren Nachfrage nach dem Kurzstreckenflugzeug: „Es gibt einen relativ großen Markt, weil im Regionalsektor derzeit viele Maschinen eingesetzt werden, die in den kommenden Jahren ersetzt werden müssen. Das sind weltweit zirka 3.500 Flugzeuge. Wir gehen deshalb davon aus, dass wir etwa 500 Maschinen unsere D328eco langfristig verkaufen können. Dann gibt es noch zahlreiche Wachstumsmärkte, die dazu kommen. Aber die können wir relativ schlecht einschätzen.“

Unklare Marktsituation

Anders sieht das der frühere Luftfahrtunternehmer Hans Rudolf Wöhrl. Wöhrl gründete in den 1970er-Jahren den Nürnberger Flugdienst, aus der später die Eurowings hervorging. Der Unternehmer und Pilot war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder an Regionalfluggesellschaften in Europa beteiligt. Aus seiner Sicht ist die D328eco für viele Strecken einfach nicht groß genug: „Für den deutschen und europäischen Markt ist es als Zubringerflugzeug zu den großen Flughäfen definitiv zu klein. Die Flughäfen haben zum Teil massive Slotbeschränkungen und da hält man wenig davon, ein Flugzeug mit so wenigen Passagieren noch hereinzulassen.“

Ich glaube nicht an den wirtschaftlichen Erfolg dieses Flugzeugs.

Hans Rudolf Wöhrl (Luftfahrtunternehmer)

Wöhrl räumt aber ein, dass das Flugzeug in einigen Ländern im Direkt- und nicht im Zubringerverkehr durchaus die richtige Größe haben könnte: „Da könnte es einen Markt geben. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass der Markt für Flugzeuge, die nur relativ kurze Strecken fliegen können, doch beschränkt ist.“

Starthilfe vom Bund für neuen Flieger

Trotz der unklaren Marktaussichten scheint man aber auch in der Politik von der D328eco überzeugt zu sein. Denn das Projekt hat einen stattlichen Förderkredit der Bundesregierung in Höhe von rund 125 Millionen Euro erhalten. Außerdem wird das Projekt Unternehmensangaben zufolge mit Fördermitteln unterstützt. Mit dem Geld erhofft man sich vor allem einen Impuls für die hiesige Luftfahrtindustrie, erklärte die Luftfahrtkoordinatorin der Bundesregierung, Anna Christmann (Grüne): „Mit der Entwicklung der D328eco werden Kernkompetenzen im Flugzeugbau in Deutschland wiedererlangt, die wir vor Jahren mit den Insolvenzen von Fokker und Dornier verloren haben.“

Anna Christmann ist als Luftfahrtkoordinatorin der Bundesregierung von dem Projekt D328eco überzeugt. (Foto: Deutscher Bundestag/Inga Haar)

Für die Luftfahrtkoordinatorin ist die D328eco aber auch aus wissenschaftlicher Sicht wichtig, denn das Flugzeug ist auch ein Technologieträger für alternative Flugzeugantriebe: „Der geplante Einsatz von nachhaltigem SAF als marktreife Option zeigt, das ist möglich. Das Flugzeug setzt hier Maßstäbe und wird einen essenziellen Beitrag für eine Luftfahrt der Zukunft leisten.“

Die Deutsche Aircraft ist für mich auch ein Hoffnungsträger für eine klimaneutrale Luftfahrt der Zukunft.

Anna Christmann (Grüne) Luftfahrtkoordinatorin der Bundesregierung

Deutsche Aircraft arbeitet auch schon daran, ein gänzlich CO2-freies Wasserstoff-Brennstoffzellen-Flugzeug in die Luft zu bringen. Gemeinsam mit dem Stuttgarter Start-up H2Fly plant man eine Nachrüstung bestehender Motoren mit einem Wasserstoff-Antrieb. Ein Demonstrationsflugzeug auf Basis der älteren Dornier 328 soll bereits in zwei Jahren erstmals abheben. Bis die Technologie aber marktreif ist, werde es noch viele Jahre dauern, räumt auch Deutsche Aircraft-Geschäftsführer Nico Neumann ein.

Auch Experten gehen davon aus, dass sich die Branche wohl noch gedulden muss, bis Wasserstoff-Brennstoffzellen in der Luftfahrt im großen Stil eingeführt werden können. Denn an den Flughäfen fehle derzeit noch die nötige Infrastruktur. Deshalb müssten zunächst die Anlagen für die Produktion über die Lagerung bis hin zur Betankung geschaffen werden.

Bis diese Infrastruktur aufgebaut ist, wird das SAF vermutlich eine wichtige Rolle als Brückentechnologie spielen. Davon geht auch der frühere Airline-Chef Hans Rudolf Wöhrl aus: „Meine These ist ganz klar, dass wir in der Luftfahrt in den nächsten 10 bis 15 Jahren vor allem klassische Brennstoffe, die synthetisch hergestellt werden, also SAFs, sehen werden. Da sehe ich zunächst die Zukunft.“ Deutsche Aircraft wäre dann mit ihrer D328eco zumindest im Bereich der kleinen Regionalflugzeuge als Technologievorreiter gut aufgestellt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert